Foto: Sylvia Schmidt

23.2.2025

Jürgen Becker zu Gast mit „Deine Disco“


Der Kabarettist startet musikalisches Wahlprogramm


von Sylvia Schmidt (Rhein-Sieg-Anzeiger vom 25.2.2025)

Windeck - Mit einem übergroßen Steuerknüppel in der Hand verwandelte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker als DJ das Haus des Gastes in Herchen in seinem Programm in „Deine Disco“. Passend zur Bundestagswahl servierte er sein musikalisches Wahlprogramm „Geschichte in Scheiben – wie Musik Politik macht!“
Es war der Auftakt ins Frühjahrsprogramm des Herchener Matinéevereins. Im ausverkauften Haus wurde der Kölner sehnsüchtig erwartet, und das Publikum wurde belohnt. Jutta Kranz-Plote, die Vorsitzende, holte nicht nur Becker auf die Bühne, sie ließ ihn auch vom Windecker Prinzenpaar der KG Herchen, von Prinz Daniel I. und Prinzessin Nadine I. ( Viehof) und ihren Adjutanten geleiten. Schlagfertig fiel Becker dazu der passende Beitrag ein, mit der Wahl müsse man die Demokratie retten, mit dem Karneval die Monarchie auf Laufzeit, vom 11.11. bis zum Aschermittwoch. Karneval gehöre zu einer funktionierenden Demokratie dazu. „Alles, wat der Jeck tut, tut auch das Kind im Mutterleib: schunkeln, saufen und feiern.“
Etwas Neues schaffen
Aber im Ernst, Becker war gekommen, weil er am Wahlsonntag etwas in Herchen zu erledigen hatte: „Ich möchte mentale Aufbauarbeit leisten, was Neues schaffen, Mut und Zuversicht verbreiten.“ Musik als kognitive Powerbank, die Welt als Konzert.
Becker hatte eine Radioshow, eine Hitliste mit Sounds zusammengestellt, die mit politischen Ereignissen oder Umwälzungen in Verbindung stehen. Nach dem Motto „Musik schafft Heimat“ wurde eine wilde Mischung satirischer Appetithappen zum Mitsingen serviert. Becker parlierte sich durch große geschichtliche Ereignisse, spielte dazu die dazugehörigen Sounds und ließ es an Beispielen nicht mangeln. Untrennbar ist etwa die Marseillaise, die französische Nationalhymne, mit der Revolution verbunden, die Internationale mit der sozialistischen Arbeiterbewegung. Wo wären wir heute ohne die revolutionäre Erfindung der E-Gitarre, mit der ein neues Lebensgefühl eingeläutet wurde? Becker bediente den Knüppel seiner Music-Box. Pink Floyds „Dark Side Of The Moon“ war sein persönlicher Weckruf, Hendrix, Joplin und Jagger mischten die 60er auf.
Wie sieht es ohne gemeinsame Lieder aus mit großen Ereignissen? Etwa mit dem Fall der Berliner Mauer? „Aus der Not heraus wurde Griechischer Wein gesungen. Höhepunkt aller Freiheitsbemühungen war das Desaster, als Walter Momper versuchte, die westdeutsche Nationalhymne zu singen“, erinnerte sich der Kabarettist. Nicht zu vergessen Heinos Verdienste um das Heimatgefühl. „Jedes Mittelgebirge ist mit einem Sound eingeschleimt: O du schöner Westerwald.“ Seine Analyse zur Klimabewegung: „Ohne Move kein Groove“, sie dümpele ohne vereinigenden Sound daher. Worauf es ankommt? In Köln haben die Bläck Fööss vor langer Zeit mit ihrem Song „In unserem Veedel“ die Lösung besungen, „denn he hält mer zesamme, ejaal wat och passeet . . . “ Beim Aufbruch in eine neue Zeit verabschiedete sich Becker mit Vicky Leandros „Ich liebe das Leben“. Schon waren alle beim Gesang in einem Boot.



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12.11.2012


Schwadroneur auf hohem Niveau

Frech und erfrischend wandelte Jürgen Becker durch die Kunstgeschichte


Windeck (sc). Im Kosmos des Kölner Kabarettisten Jürgen Becker mischen sich herrliche Fantastereien abstrus mit hochinteressanten, realen Fakten. Selbst kunstbewanderte Zuhörer dürften allerdings Schwierigkeiten haben, beides voneinander zu unterscheiden.
Deshalb unterstrich "der Meister" gelegentlich seine Storys mit "wirklich". Selten war ein Spaziergang durch die Kunstgeschichte derart spannend und unterhaltsam wie im neuen Programm "Der Künstler ist anwesend" im Haus des Gastes in Herchen.
Becker palaverte genüsslich über Kunst und Künstler, vermengte Alltägliches mit jeder Menge Historie. Dort, wo im Verständnis von Otto Normalverbraucher Lücken, beispielsweise zwischen dem alten und dem heutigen Griechenland klaffen, wäre Becker der Letzte, der diese nicht farbenfroh schließen könnte. Er schafft bislang unbekannte Verbindungen, die meist irgendwo zwischen Kunst, Kirche, Kneipe und Kölsch angesiedelt sind. Blumig schwadronierte er die Akropolis zum ersten Reihenhaus der Welt, denn schon damals herrschte eine Finanzkrise und der geplante Bau war zu teuer. "Da fragten sich die alten Griechen, was kann weg und bauten ohne Keller, Wände und Dach."

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Mit Kopien von Bildern berühmter Maler und von Bauwerken hantierte Becker unbesorgt und verpasste ihnen wohlklingende Namen. Ingres Werk "Das türkische Bad", ein Bild mit nackten Frauen beim Baden, taufte er kurzerhand in "Betriebsausflug der Hamburg-Mannheimer" um. Neben viel Wissenswertem, glänzte Becker mit Erfindungsreichtum. "Ich kann den Kanalmeister verstehen", nahm Becker den Kölner Kardinal Meisner ins Visier. "Er hatte bei Gerhard Richter ein Kirchenmotiv bestellt und ein Kneipenfenster erhalten. Der Kölner kann nicht zwischen Frühmesse und Frühschoppen unterscheiden."
Genüsslich breitete Becker die Entstehung des Tuschs im Karneval aus, nachdem 1926 der damalige Erzbischof aufgefordert hatte, Max Ernsts Werk "Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind" aus der Ausstellung "Kölner Sezession" mit den Worten zu entfernen: "Der Maler Max Ernst ist aus der Kirche ausgeschlossen, und ich rufe die Versammlung auf zu einem dreimaligen "Pfui" auf."
Auch die Künstler und deren Bewunderer wurden beleuchtet. "Man darf den Künstler nur anhimmeln, aber nicht nach einer Erklärung fragen, sonst wäre das Bild ja überflüssig. Vernissage leitet sich übrigens vom französischen vernis ab und bedeutet Firnis, mit der die Bilder lackiert werden. Deshalb gibt es so viele Lackaffen auf Vernissagen."


Die Künstler waren anwesend
Jürgen Beckers kulturgeschichtliche Reise im Haus des Gastes in Herchen


Der Kabarettist Jürgen Becker faszinierte und begeisterte sein Publikum auf der letzten Veranstaltung im Jubiläumsjahr zum 20-jährigen Bestehen des Windecker Matineevereins e.V. am 12.11.2012 in Herchen mit einer ebenso informativen wie unterhaltsamen Reise durch die Geschichte der Kunst.
"Der Künstler ist anwesend" ist der Titel eines Programms, das bildende Kunst, Kleinkunst, Politik und Kirche genussreich miteinander vereint. Becker machte das begeisterte Publikum, das immer wieder in sein Programm eingebunden wurde, selber zu Künstlern, denn ohne Zuhörer findet die darstellende Kunst nicht statt.
"Kunst kommt von Können" - durch Becker erhält diese Aussage eine neue Bedeutung. Es gelang ihm mühelos, Wissen humorvoll zu vermitteln.
Seine rheinisch humorvolle und überaus informative Vortragsweise, unterstützt durch die Präsentation von Kunstwerken und fast 100 Bildeinblendungen, machte weder vor Kirche und Kanzlerin noch FDP und Fundamentalisten halt. Er bewies, wie man mittels Kunst unterhaltsame Kritik an Religion und Politik üben kann, ist aber auch politisch kritisch und regt zum Nachdenken an.
Seine grandiose Leistung an diesem Abend war vor allen Dingen, von der Höhlenmalerei zu den Pharaonen, über Griechenland zum alten Rom, seine Sichtweise der Kulturgeschichte bis in die heutige Zeit darzustellen. Geprägt durch seinen Humor und eine gestenreiche und ausdrucksstarke Vortragsweise gelang es ihm mühelos, das Publikum von seinem speziellen und teilweise auch skurrilen Blick auf die Kunst zu überzeugen. Seine Sicht der Dinge brachte er gut begründet und provokant auf die Bühne: "Das Bild muss für sich sprechen, aber meistens sagt es einem nichts".
Es war ein köstlich unterhaltsamer Abend, das Publikum im Haus des Gastes dankte dem anwesenden Künstler durch begeisterten Beifall. Und auch Jürgen Becker hatte sichtliches Vergnügen an seinem Publikum und der ganz besonderen Atmosphäre im Haus des Gastes. "Die eigentlichen Künstler seid Ihr", stellt er am Ende des Abends fest, denn "ohne Publikum entsteht keine Kunst".
Einen treffenderen und schöneren Abschluss hätte sich der Windecker Matineeverein zum Ausklang seines Jubiläumsprogramms nicht wünschen können.
Jürgen Becker lud am Ende sein Publikum zu einem Glas Kölsch ein, so hatte jeder Besucher die Chance, sich noch mit dem Künstler auszutauschen und er versprach, mit seinem nächsten Programm wieder im Haus des Gastes aufzutreten.
Ein Versprechen, das mit Sicherheit auch wahrgemacht wird!




Foto: Schmidt

11.02.2011

 Fakten und bunte Fantasie: Becker fabulierte köstlich über Religionen




Windeck (sc). Am Tag, an dem der liebe Gott den Kölner Kabarettisten Jürgen Becker ins Rheinland entsandte, dürften im Himmel Tränen gelacht worden sein. In seinem Programm "Ja, was glauben Sie denn?", heftete Becker sich im Haus des Gastes in Herchen auf die Spuren der Evolutionsgeschichte und von bestehenden sowie längst vergangenen Glaubensrichtungen.
Die Fakten mischte Becker hinreißend mit der blühenden Fantasie des sinnenfrohen Kölners. Religiösen Fanatismus enttarnte er als Blödsinn, ökumenische Grenzen konnten dem Humor nicht standhalten. Höchstens einen kleinen Seitenhieb auf die Nachbarn aus Düsseldorf und ihr Altbier ließ Becker als Mauer gelten. Schließlich unterscheidet sich der Mensch vom Tier weil er lachen kann: "Deshalb sind wir heute hier."
Von diesem Versprechen machte der Vollblut-Kabarettist reichlich Gebrauch und brachte Licht ins Dunkel wesentlicher Fragen. Anhand des Wurms erschlossen sich die Zusammenhänge, woher beim Menschen das große Gehirn kommt und der Wurm es nicht mehr braucht. Letzterer hat es sich im menschlichen Darm gemütlich gemacht und genießt Frikadellchen mit Bier, und alles ist bereits bezahlt. "Parasit und Paradies, daher kommt auch der Zusammenhang. Der Mensch erfindet komplizierte Maschinen wie den Flachbildschirm, um anschließend daran zu verblöden." Sorgen, muss man sich allerdings nicht: "Wenn das Gehirn ausfällt, übernimmt die Leber, so etwa ist auch die CSU entstanden", meinte Becker findig. Wunderschöne Religionen sind seit Adam und Eva entstanden, dank Jürgen Becker kann man das endlich verstehen. "Religion und Humor versuchen Dinge anders zu sehen als vordergründig. Religion soll trösten!" 

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