Foto: Sylvia Schmidt

Kunst gegen Bares feiert Premiere

Fünf Künstler, ein Duo als Moderation und ein begeistertes Publikum beim Stadt-Land-Fluss-Festival

VON SYLVIA SCHMIDT – KstA vom 31.5.2025


Windeck - Die Premiere der Open Stage Show „Kunst gegen Bares“ im Rahmen des Stadt-Land-Fluss Festivals war der Hammer. Der Matinéeverein Herchen, bekannt für hochwertiges Kabarettprogramm im Haus des Gastes in Herchen, schickte für dieses neue Format seine jungen, einnehmend sympathischen Mitglieder Mieke Stoffelen und Dominik Merscheid als Moderatorenteam auf die Bühne.

Fünf Künstler
Ihnen gelang ein außerordentlich attraktiver Spagat, sie sorgten für Glamour im Herchener „Wohnzimmer“, während die fünf Künstler unterschiedlicher Genres für kreative Werkstattatmosphäre wie aus der Lamäng heraus zuständig waren. Zwar gab es noch viele freie Plätze, aber der Stimmung tat es überhaupt keinen Abbruch. Hier kam die Erfahrenheit des Duos als Klinik-Clowns zum Tragen, sie kennen alle Schrauben, die gedreht werden wollen, damit Menschen sich öffnen. In dem Fall war das nicht schwierig. Das überwiegend junge Publikum nutzte jede Gelegenheit, den „Zauberstaub“, den die Akteure großzügig verstreuten, abzufeiern und johlend zu belohnen.
Merscheid trug seinen schwarzen Anzug in Kombination mit einem Flamingo- T-Shirt, denn der Vogel ist Erkennungszeichen aller Stadt-Land-Fluss Teilnehmer. Am Flügel begleitete er Mieke Stoffelen, die in blauem Abendkleid und knallroter Samtjacke mit dem gleichnamigen Song ins Cabaret einlud und sich als großartige Chanson-Sängerin erwies. Und dann kam Else.
Doch die ließ auf sich warten, denn sie kam nicht alleine. Ihr gut bestückter Dinett-Servierwagen verlangte einige Manövrierkünste, zumal sie in Anlehnung an die Fernsehsendung „Bares für Rares“ bestrebt war, ihre Stehrümchen meistbietend im Publikum zu verhökern. Figurenspielerin und -bauerin Verena Volland als Else verbarg ihr Gesicht für die Rolle hinter einer Altfrauen-Maske. Dem Publikum pries sie ihr Gerümpel – zwei Stickbilder und deutlich überschätzte Keramik-Scheußlichkeiten als Meißner- und original chinesisches Porzellan an. „Kommen Sie mal her“, lud sie einen Mann auf die Bühne ein. Der reagierte vorausschauend: „Ich lasse das Portemonnaie bei meiner Frau.“ Else zog alle Register und pries etwa einen Keramik-Dalmatiner an: „Der stirbt ihnen garantiert nicht weg!“
Dann zog es Blauer Vogel, so sein Künstlername, auf die Bühne. Er habe den Beginn seiner Karriere in der Corona-Zeit gestartet, da sei sein erster Song entstanden und er sei für die Alterskarriere am Ball geblieben. Der Blaue Vogel griff zur Gitarre und entpuppte sich in seinem Song „Nur mal schlafen“, dann als Faultier. Seine Vielseitigkeit bewies er mit seinem neuesten Protestlied „Alles bleibt anders“, bei dem es um politische Männerbünde und deren Spaß an Macht und Gewalt geht.
Oscar Munoz, Clown Coco, ist als Zauberlehrling im magischen Zirkel Deutschland aufgenommen. Er kam mit drei unterschiedlichen langen Seilen auf die Bühne und wurde beim Zaubern immer komplexer. Nach zehn Minuten Performance war es soweit. Aus Seil war ein Tuch in einem Ei geworden, das in letzter Verwandlung als rohes Ei im Glas landete – ohne Tuch. Mit Ahs und Ohs staunte das Publikum nicht schlecht.

Märchenerzählerin und Sänger
„Es war einmal ein Bauer“, Märchenerzählerin Jutta Rittgen entführte in die Welt eines Zeitgenossen der Brüder Grimm und erzählte mit lebhaften Gesten das Märchen „Der Bauer, der Bär und der Fuchs“. von Josef Haltrich.
Für ungebremst muntere Heiterkeit sorgte Sänger und Musiker Salossi, der einen wahnsinnig witzigen Song über esoterisch angehauchte Frauen geschrieben hat, „Ashram“. Der war auch noch mit so viel Verve gesungen, dass als Nachfolger der uralte Song „Spiel nicht mit mir“ von Ulrich Roski gerade so mithalten konnte. Im Lied wird die problematische Beziehung zwischen Ruth und Bernd besungen. Sie ist Lehrkörper, er Pennäler, sie erfahren in der Liebe, er erst acht Jahre alt. Mit dem Abendlied von Hanns Dieter Hüsch, verabschiedete sich das Moderatorenteam. Es gab stürmischem Applaus für alle Mitwirkenden. Anders als im Originalformat gibt es keine Rangfolge der Gewinner. Die beste Botschaft: der ersten Auflage von Kunst gegen Bares sollen weitere folgen. 


Gerd Burrmann ist der Erfinder des Kleinkunstformates „Kunst gegen Bares“, das er seit 2008 in Köln erfolgreich durchführt. Jeden Montag findet es im Arttheater statt. Die Künstler melden sich aus dem Publikum heraus und haben sich mit ihrem Beitrag an das vorgegebene Zeitlimit zu halten. Jeder bekommt ein eigenes Sparschwein und der Zuschauer entscheidet am Ende, was ihm der Beitrag wert ist und den wirft er ins entsprechende Schweinderl.

Foto: Sylvia Schmidt

Die Schauspieler
Mieke Stoffelen Schauspielerin, Klinik- und Bühnenclownin und lebt in Windeck. Sie führt Regie, ist erfahren in Straßen- und Eventtheater und singen kann sie auch. Der studierte Grundschulpädagoge Dominik Merscheid lebt in Windeck, ist Musiker und Sänger, Sprecher, Geräuschemacher und bekannt als Kinderliedermacher. Seine Lieder laufen in Radio und Fernsehen. Als Klinikclown ist er im Auftrag der Stiftung Humor Hilft Heilen unterwegs. (sys)

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