Kabarettist Mathias Tretter beim Matineeverein (am 12. September 2025)

 „Souverän“, kabarettistisch hochklassisch und äußerst unterhaltsam startete der Windecker Matineeverein mit dem gleichnamigen Programm von Mathias Tretter in sein Herbstprogramm 2025. Der Künstler bewies einmal mehr, warum er zu Recht alle wichtigen Preise in der Sparte Kabarett und Kleinkunst erhalten hat und bundesweit bekannt ist. Gleich zu Beginn thematisierte er den aktuellen Trend des Kulturbetriebs, mit dem v.a. kleinere Veranstalter zunehmend zu kämpfen haben. Es ist die „Winner-takes-it-all-Ökonomie“ und der zunehmende Mainstream, auch in der Kunst. Tretter dankte den Zuschauern, dass sie Karten für ihn und nicht Taylor Swift gekauft hätten. Denn diese sei real imitierender Sozialismus: Wo eine Schlange steht, stellt man sich an, egal was es gibt. Und investiert wie die „Swifties“ horrende Summen für Tickets, Hotel, Anreise und falsche Perlenarmbänder. Da bleibt für andere nicht mehr viel übrig und am Ende gibt es nur noch den Gewinner.

Diesem Trend folgt das Publikum des Matineevereins zum Glück nicht. Dafür bekam es zwei Stunden lang echte Perlen aus messerscharfer Analyse, Sprachgewandtheit, Wortwitz und unterhaltsamer Darstellung geboten. Klug, bissig, manchmal auch böse oder einfach urkomisch jonglierte Tretter zwischen den Themen und den unterschiedlichen Facetten des gekonnten Humors. Da kam z.B. der oft geschmähte Stammtisch zu neuen Ehren, denn dort darf man einfach mal alles raushauen. Das Gesagte bleibt im kleinen Kreis und wenn es zu heftig wird, gibt es sofort und ganz real eins auf Maul, dann ist Ruhe! Gegenüber den permanenten Grenzüberschreitungen im Netz ist das doch definitiv die bessere Art. Am Ende des Abends konnte sich der Künstler von begeisterten „Tretties“ verabschieden.


Tilo Dumuscheit, Matineeverein, 25.04.2022

Mathias Tretter begeistert das Siegtal


Sittenstrolch – eigentlich ein Schimpfwort. Mathias Tretter, ein Sachse mit fränkischen Wurzeln hat da so seine eigene Vorstellung davon.  Sein neues Programm, das coronabedingt neun Monate auf Eis lag, ist aktueller denn je. Es geht um Anstand und Moral, Sittenwächter und Kontrollwahn, allerdings unterhaltsam und daher verführerisch verpackt. Man muss Mathias Tretter schon aufmerksam folgen, um bei aller Lustig-und Unterhaltsamkeit seine Spitzen gegen Überwachung und die „geistige Verfettung“ herauszudestillieren.

Dabei hilft ihm seine alter Weggefährte Ansgar, verkiffter Philosophieprofessor und lebenuntauglich, der vor der Hochzeit mit seiner per Algorithmus im Netz  gefundenen chinesischen Braut, einer Spitzenpianistin, steht und Beratung braucht. Er wechselt mühelos zwischen den Figuren hin und her und öffnet ihm so das Reich der Mitte, in dem siebenmal so viel Bordeauxwein  verkauft wie im Bordeaux produziert .  Ist China wirklich das Wunderland?  In den 80er Jahren noch Entwicklungsland, heute uns 20 Jahre voraus. Aber wollen wir das? Eine halbe Million Überwachungskameras, ein Sozialpunktesystem, das regimetreues Verhalten belohnt?

Moral wird in Deutschland genauso gut bewacht wie bei den Chinesen. Noch fehlt uns deren Sozialpunktesystem, dafür haben wir Twitter und die anderen sozialen Medien. Was in China die Diktatur erledigt, übernimmt hier der Mob. Dort digitale Aufrüstung, hier Entrüstung. Die schiere Anzahl freiwilligen Bedenkenträger macht schon Angst. Und die Entrüstungs-  und Betroffenheitsapostel im Netz sorgen dafür, dass jeder mit seiner Emotion zu Wort kommt, aber die Gesellschaft zerbricht.

Seit fast 20 Jahren tourt der Kabarettist Mathias Tretter bereits durch Deutschland. Dekoriert mit vielen Kleinkunstpreisen, bekannt aus Funk und Fernsehen fand der gebürtige Würzburger am vergangenen Sonntag erstmals den Weg in den Matineeverein nach Herchen und begeisterte.

 

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